Brotgeschichte

Die Bündner und das Brot, das ist eine Liebesgeschichte. Nicht umsonst wartet auf den Schellen-Ursli im gleichnamigen Kinderbuch nach dem beschwerlichen Aufstieg zum Maiensäss neben der ersehnten Schelle für den Chalandamarz-Umzug auch ein Puschlaver Ringbrot. Das sättigende, mit Anis parfümierte Roggenbrot war für die Menschen in den abgelegenen Berggebieten im Winter lange Zeit die beste

Lebensversicherung. Heute ist es ein Stück des kulturellen Erbes Graubündens. Genau wie die Bütschellas, köstliche Brötchen aus einem Teig mit Weizenmehl, Eiern, Sultaninen und Zitronenschale, die seit über 400 Jahren zu festlichen Gelegenheiten in den Ofen kommen. Sehr zur Freude der Kinder übrigens, die nicht zuletzt den über die Bütschellas verstreuten Hagelzucker lieben. Auch für uns hier in Fürstenau ist Brot eine Herzensangelegenheit – denn kein Nahrungsmittel ist sinnlicher. Ein Tag, der mit einem guten Stück Brot mit knuspriger Kruste beginnt, beginnt gleich mit einem glücklichen Moment. Fehlt eigentlich nur noch etwas Süsses. Schliesslich galten die Bündner Zuckerbäcker – allen voran die aus dem Engadin – ab dem 15. Jahrhundert in ganz Europa als Meister ihres Fachs. In 891 Städten, von Kopenhagen bis Florenz und von Gibraltar bis Warschau, liessen sie sich nieder. Ging es ihnen zunächst darum, der Armut in der Heimat zu entrinnen, brachten sie es nicht nur zu aussergewöhnlicher Kunstfertigkeit, sondern bisweilen auch zu grossem Wohlstand und Ansehen.